
Wie bereits vor 750 Jahren plätschert auch heute noch der Bach vor der Rinntaverne. Nomen est Omen: Wasser hat den Hof immer schon geprägt. Die unmittelbare Nähe zur Eisenstraße hat anno dazumal vor allem Flößer und Fuhrleute angespült, aber selbst Kronprinz Rudolph soll hier schon abgestiegen sein. Und auch von einem verschwundenen Hirten, drei weiß gewandeten Bergfrauen und einem mysteriösen Tor im Hausberg, der Frauenmauer, erzählt man sich noch heute. Wen wundert’s? Eine Taverne, die Monarchen empfängt hat sich freilich auch ihre eigene Sage verdient.
Sie teilt sich den Hof mit Mann und Kindern, drei Hauskatzen, acht Schweinen, über zwanzig Schafen und knapp 150 Hühnern. Ein Leben ohne Tiere? „Das ist nicht möglich“, urteilt Claudia und schon schmiegt sich Katze Kitty um ihren Hals. Ihre Tiere sollen ein „so-gut-wie-mögliches Leben“ führen. Wer sich etwas genauer am Hof umsieht, der befindet rasch: Das tun sie. Die Schafe genießen ihre Sommerfrische auf der Weide, die Schweine dürfen draußen sein, sich suhlen, dreckig werden, Schwein-Sein eben. Die Idylle der Rinntaverne ist nicht inszeniert, da wird nichts in Szene gesetzt oder verkitscht. Hier gibt es keinen Streichelzoo, sondern echte Viecher. Das Herz der Rinntaverne schlägt im Takt der Natur.
Und der Takt der Natur, das weiß Gastgeberin Claudia, folgt ganz wesentlich einer Melodie, die es nicht eilig hat. Ihr Titel: Zeit. Lotussitz war gestern, hier werden Schafe beobachtet. „Das ist unglaublich entspannend und beruhigend. Stund’ um Stund’ könnt i’ den Schafen zuschauen. Das ist für mich Meditation“, erzählt Claudia. Natur erfordert Entschleunigung, Geduld, sie ist die Einladung zur Un-Zeit, zur Auszeit. Plötzlich sind die Köpfe leer – und einige Gäste ganz verblüfft ob dieser Hirnkastl-Reinigung. So besehen ist die Rinntaverne auch ein bisschen Heilanstalt für stressgeplagte Großstädter. Sie therapiert ihre Besucher mit einer Ruhe-Kur. Darum hält Claudia auch wenig von Programmpunkten und Plänen. Die To-Do-Verordnung der Rinntaverne ist das Streichen von To-Do’s. Ins Salettl soll man sich setzen und dem Bacherl beim Plätschern zuhören. Und natürlich: Schafe beobachten.